Überlebende

Die folgenden Texte sind die Zusammenfassungen des Gesprächs zwischen Gustav Schminck Gustavus und den fünf Überlebenden des Massakers über ihre Erlebnisse am 3. Oktober 1943.

Nikolaos Rouskas

Nikolaos Rouskas war 23, als die Deutschen das Dorf angriffen. Er sah sie mit fünf Lastwagen und zwei Krankenwagen ins Dorf kommen. Sie alle Bewohner des Dorfes am Hauptplatz, wo sie mit Maschinengewehren bewacht wurden. Dann, so Nikolaos, ging alles ganz schnell: Sie trennten die Menschen und brachten sie unter Schlägen und Tritten in den Keller eines Hauses, erschossen sie alle und brannten danach dieses Haus und alle anderen Hauser im Dorf nieder. Nikolaos war auch im Keller, zusammen mit anderen Bewohnern, und hielt sein zweijährige Tochter im Arm. Während sie schossen, fielen die Leute hin und Nikolaos mit ihnen. Eine Kugel tötete seine Tochter und traf seinen Arm. Er lag verletzt auf dem Boden, als die Deutschen begannen, das Haus niederzubrennen. Durch den Rauch gelang ihm später die Flucht aus dem Keller. Verletzt schaffte er es langsam die Berge hinauf zu stapfen.

Eleni Cholevas

Sie erzählte, wie die Deutschen kamen und ihnen sagten, sie sollten keine Angst haben, kurz bevor sie sie in Männer und Frauen trennten. Alle Männer wurden getötet. Sie stießen die Frauen in einen Keller und begannen zu schießen. Die Deutschen töteten ihren Sohn und ihre Tochter. Scheinbar waren alle um sie herum tot, während sie still dalag und wartete, verängstigt von dem Schrecken, den sie gerade gesehen hatte. Die Deutschen zündeten das Haus an. Ihr gelang die Flucht mit zwei anderen, die die Schüsse und die Flammen überlebten, Anastasia und Charilaos. Sie krochen aus dem Haus und rannten den Berg hinauf. Eleni sagte, dass dies sehr schwierig für sie war, da ihre Füße nicht laufen wollten und sie den Gedanken nicht ertragen konnte, ihre tote Familie zurückzulassen.

Charilaos Liouris

Am 3. Oktober 1943 war Charilaos Liouris vierzehn Jahre alt. Er war allein zu Hause und beobachtete Siaphakas, den kleinen Sohn des Bürgermeisters des Dorfes. Er sah etwa 200 Männer, die sich dem Dorf näherten. Er erklärte, wie die Deutschen jede Person im Dorf ergriffen und mit ihren Gewehren bedrohten. Dann begann jemand, die Leute in Dreier- oder Vierergruppen aufzuteilen und brachte alle Männer zum Haus von Tsirikis. Die Leute auf dem Dorfplatz hörten, wie die Deutschen anfingen, auf die Männer zu schießen. Dann brachten die Soldaten eine der anderen Gruppen weg, dann holten sie die nächste Gruppe und dann die nächste. Charilaos war in der dritten Gruppe. Mit Nikitas am Arm ging er hinter der Gruppe her, aber als ihn ein deutscher Offizier mit dem Gewehrkolben schlug, rannte er nach vorne. Sie wurden in den Keller geführt und die Deutschen begannen zu schießen. Er hielt Nikitas auf seinem Arm, der in den Kopf geschossen wurde, das Blut war überall auf Charilaos, aber er wurde nicht getroffen. Er fiel zu Boden und alle anderen Leute fielen auf ihn. Nach einiger Zeit überprüften die Deutschen erneut, ob noch jemand am Leben war, aber diejenigen, die es waren, Charles, Eleni Choleva und Anastasia, rührten sich nicht. Aber auch Anastasias Mutter lebte in diesem Moment mit dem Baby an ihrer Brust. Aber das Baby fing an zu weinen und die Deutschen fingen wieder an, auf sie zu schießen, diesmal töteten sie beide, die Mutter und das Kind. Dann begannen sie, das Haus in Brand zu stecken. Als das Feuer den Keller erreichte, war Eleni diejenige, die zuerst aufstand, dann Anastasia, die bemerkte, dass auch Charilaos lebte. Charliaos erinnert sich, dass er schreckliche Angst hatte, zu viel Angst, um sich zu bewegen und laut zu sprechen. Die Vorderseite des Hauses brannte bereits, so dass sie durch den Schornstein gehen mussten, der damals groß genug war. Sie krochen aus dem Schornstein und fanden das ganze Dorf in Flammen vor, ohne dass sich andere Menschen bewegten. Sie rannten auf die Berge zu.

Anastasia Phouka

Auch Anastasia Phouka war erst 14 Jahre alt, als die Deutschen das Dorf angriffen. Sie sah die Soldaten im Dorf ankommen. Die Bewohner des Dorfes sollten auf dem Platz vor der Schule warten. Sie sahen zu, wie die Deutschen all ihre Habseligkeiten, Teppiche, Kleidung, Lebensmittel und alle Tiere mitnahmen. Kurz darauf wurden sie und andere in einen Keller eingesperrt, den gleichen wie Eleni und Charilaos. Anastasia hielt ihren fünfjährigen Bruder im Arm. Die Deutschen begannen zu schießen und sie konnte ihren Bruder nicht halten. Er fiel hin und sie mit ihm. Sie kann sich an nichts erinnern, was danach passiert ist. Eleni ist diejenige, die erkannt hat, dass Anastasia noch lebt. Sie sagte ihr, dass das Haus gleich niederbrennen würde und dass sie das Haus verlassen müssten, bevor es einstürzen würde. Sie fanden Charilaos und alle drei entkamen durch den Schornstein. Danach flohen sie in die Berge und fanden die Saraktschanen – die fragten, was im Dorf los sei, aber alle waren wie gelähmt und konnten nicht antworten. Später wurden sie nach Karyes gebracht, wo sie frische Kleidung bekamen. Anastasia erwähnt, dass sie ein Wolltuch hatte. Darauf lagen getrocknete Überreste des Gehirns ihres kleinen Bruders. Sie versuchte viele Male, es auszuwaschen, bis das Tuch auseinanderfiel, dann gab sie auf.

Panos Babousikas

Panos Babousikas wurde am 16. Juli 1942 geboren und war somit 15 Monate alt, als sich das Massaker ereignete. Er ist der einzige Zeuge, der noch lebt. Er wurde in den Armen seiner toten Mutter gefunden und trank ihre kalte Milch. Die Deutschen stachen ihm mit einem Bajonett in den Rücken und hinterließen eine 30 – 40 cm lange Narbe, die er bis heute trägt.